Ich nenne ihn die kleine Dampflok. Eine Zeitlang kam er jeden Morgen an unserem Küchenfenster vorbei, wenn er seine Kinder, drei, in die Kita brachte. Immer eine Zigarette im Mund. Immer den Rauch mit vorgeschürzter Unterlippe nach oben in den Morgenhimmel pustend. Eben so, wie eine kleine Dampflok ihre Rauchwolken aus dem Schornstein nach oben pustet. Dabei kreisten seine kurzen, dicken Beine wie die Räder einer Dampflok stapfend über den Bürgersteig. Unwillkürlich musste ich jedes Mal an das schneller werdende, stampfende Geräusch einer anfahrenden Dampflokomotive denken: Tsch……..Tsch…….Tsch…..Tsch….Tsch….Tsch..Tsch..Tsch..Tsch.TschTschTsch. Seine Kinder zog er dabei nach Größe geordnet wie kleine bunte Wagons hinter sich her. Jeden Morgen Punkt 7.15 Uhr war Abfahrt.
Bis jetzt. Jetzt ist eine seiner Töchter mit unserer Tochter in eine Klasse gekommen. Gestern beim Elternabend hörte ich die kleine Dampflok dann das erste Mal reden. Nachdem sich die ersten Eltern in der offiziellen Runde vorgestellt hatten, sagte die kleine Dampflok voller Inbrunst und mit fester Stimme: „Und ich bin die Tochter von Nadja“.