Als mal das Klassenbuch brannte

Als mal das Klassenbuch brannte

Damals in der 10b, da hat mal das Klassenbuch gebrannt. Und dann ist auch noch einer von der 10a reingekommen und hat den Lehrergefragt, ob er einen Ständer habe. Eigentlich wollte er ja einen Kartenständer. Damals hatte man nämlich noch einen Ständer in der Klasse  – also auch einen Kartenständer. Der Lehrer hat das aber falsch verstanden und wir auch. Da haben alle gelacht, außer dem Lehrer, der hat getobt. Als wir dann fertig waren mit Lachen, hat der Lehrer immer noch getobt. Weniger, weil er einen Ständer hatte, den hat er dem Kerl aus der 10a schon mitgegeben, sondern mehr weil das Klassenbuch gebrannt hat und er an unsere These einer spontanen Selbstentzündung nicht glauben wollte. Aber wir haben nicht gesagt, dass es der Treppenheizer war. Der hatte ja schon genug Ärger, weil er im Vorfeld der Kommunalwahlen, Plakate mit dem Gesicht des Lehrers aufgehängt hatte. Der Lehrer hatte danach nämlich jede Menge Anrufe bekommen, wieso er auf einmal für die Grünen kandidiere, obwohl er doch als stramm Konservativer für die CDU im Stadtparlament saß. Natürlich war es herausgekommen, dass es der Treppenheizer war. Außerdem hatte der Treppenheizer gerade eine dicke Platzwunde am Kopf. Irgendjemand – könnte ich gewesen sein, ich kann mich da nicht so gut erinnern – hatte ihm erzählt, dass es dieselbe Wirkung wie ein Joint habe, wenn man die Luft so lange es geht anhält und dann ganz schnell ein- und ausatmet. Hat der Treppenheizer auch gemacht. Nur ist er dabei ohnmächtig geworden und die ganze Schultreppe runtergerasselt,  direkt vor die Füße des Rektors. Danach hatte er dann eine dicke Platzwunde am Kopf und den Namen Treppenheizer. Und weil wir halt nicht gesagt haben, dass der Treppenheizer mit dem brennenden Klassenbuch seine Fehlstunden kaschieren wollte, musste die ganze Klasse zur Strafe eine Woche lang den Pausenhof fegen. Wir haben uns da abgewechselt, einen Tag die Jungs und einen Tag die Mädchen. Bis wir eine Vertretungsstunde bei einer Lehrerin hatten, die so ein waschechte 80er-Jahre-Hardcore-Emanze war. Die hat dann auch sofort rumgetönt, warum denn nur die Mädchen den Pausenhof kehren würden und was denn mit den Herren der Schöpfung sei. Da ist mein Gerechtigkeitssinn, der ungerechtfertigte Anschuldigungen gar nicht leiden kann, mit mir durchgegangen und ich habe gesagt, die Mädchen könnten auch viel besser putzen und kehren als wir Jungs. Eijeijei, auf einmal war es ganz still in der Klasse. Auch die Emanzen-Lehrerin war erst ganz still, aber man konnte schon sehen wie ihr Kopf langsam rot anlief. War ein netter Kontrast zu ihrem lila Halstuch. Das habe ich ihr dann aber besser nicht gesagt. Und als die Lehrerin fertig war mit dem Rotanlaufen, hat sie sich aufgeplustert wie ein dicker Luftballon. Wie ein Luftballon, den man hinten nicht zugebunden hat, ist sie dann auch knapp über dem Boden durch die Klasse gerauscht. Sogar die Geräusche, die sie dabei gemacht hat, hörten sich so ähnlich an. Irgendwann als fast die ganze Luft raus war, konnte man dann die Worte. „raus“ und „sofort zum Direktor“ verstehen. Zum Glück sind dann aber die Mädchen zurückgekommen und haben ihr alles erklärt und auch, dass ich eigentlich gar nicht so sei. So war das damals, als in der 10b das Klassenbuch gebrannt hat.

Foto via: Comically Vintage

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.